Wächterhaus Berliner Strasse | B42

Projektlaufzeit 2009 - 2010 Die Berliner Strasse in Görlitz galt von jeher als eine der prominenten Wohn- und Geschäftsstrassen. Angelegt als Flaniermeile zeugt bis heute besonders im oberen Bereich der Berliner Strasse die ausladende Architektur der Geschäftshäuser von der regen Atmosphäre vergangener Zeiten. Das Haus Berliner Strasse No. 42, erbaut im Jahr 1873, ist bei den Görlitzern eng verbunden mit den Geschäften Glas Kaps und der Täschnerselbstbedienungsverkaufsstelle "Täschnerwaren". Wenig bekannt ist die lange Geschichte des Hauses. Wo später Fertigungsmaschinen für Lederwaren Aufstellung fanden, wurden einst Teppiche, Dekorationsstoffe und Luxusartikel für den Wohnbereich gelagert und verkauft. Die alten Industrieanlagen der Fa. Ludwig Heinrich Lederwarenfabrik im Hinterhof lassen noch erahnen, welche Geschäftigkeit das Industriedenkmal einmal ausgemacht haben muss.

Die Gattin des Kaufmanns Hensel war es, die 1873 ein Wohn- und Kontorhaus auf der Berliner Strasse 42 errichten liess. Die Fassade des damals noch dreigeschossigen Gebäudes war zeittypisch gestaltet und entsprach den Ansprüchen des aufstrebenden Bürger­tums. 1898 erfuhr die Immobilie eine Funktions­erweiterung durch den Ausbau des Erdgeschosses zu einer Ladenzone. Die heutige Aufteilung mit drei Vollgeschossen und einem Halbgeschoss entstand 1904 mit dem Ausbau der obersten Etage. Reich gegliedert und verziert sind die Obergeschosse. Zwischen den einzelnen Etagen verlaufen profilierte Gesimse, die zum Teil mit Zahnfries versehen sind. Die mittleren drei Fensterachsen sind durch Pilaster, einem Fries mit floraler Ornamentik und einem bekrönenden Dreiecksgiebel betont. Die ersten beiden Obergeschosse verfügen im Brüstungsbereich über Reliefs mit Büsten und Rankenwerk. Im zweiten Obergeschoss werden die vier äußeren Fenster von Dreiecksgiebeln in typisch historistischer Manier mit Eierstabfries und mittig angeordneter Palmette bekrönt.

Um den weiteren Verfall des seit 1990 leer stehenden Gebäudes  zu stoppen, hat sich der Verein „goerlitz21“ dem Haus angenommen und machte es zum ersten Wächterhaus der Stadt. Ziel dieser Initiative ist es, leer stehende Häuser durch aktive Nutzung zu erhalten bis eine Sanierung durchgeführt werden kann.

[2010] Ein Ausstellungsprojekt in Görlitz / Zgorzelec vereint mehr als zwanzig junge Künstler der Breslauer Akademie. Die fast 30 künstlerischen Positionen haben zum Ziel die junge polnische Kunstszene einem jungen deutschen Publikum näher zu bringen. Zu den ausgewählten Orten für die Ausstellung zählen: Wächterhaus Berliner Strasse 42, Klub Relax auf der Hospitalstrasse 39, Neissegalerie auf der Elisabethstrasse 10/11 in Görlitz und das Dom Kultury in Zgorzelec. Hallo Wrocław 2016 ! ist geöffnet ab Sonnabend 19.09. bis Mitte Oktober.

Zwölf junge Reporter reisen im Sommer 2010 in die Lausitz. Ihr Reisebreicht erzählt die Geschichten von Angst und Verfall. Aber auch von Hoffnung und Neubeginn. 'Wächterhäuser gegen den Verfall' ist ein Bericht von Philipp Wurm, der von der Wächterhausinitiative in Görlitz berichtet. www.reporterreisen.com

Mehr als 10 Jahre dämmerte das Areal Berliner Strasse 42 / Salomonstrasse 10/11/12 vor sich hin. Mit Projektbeginn im Frühjahr 2010 entstand entstand im Hof des Geschäftshauses eine innerstädtische Oase. Gärten sollen auf dem ungenutzten Areal entstehen, die ökologisch und sozial sind, in denen gemeinschaftlich gepflanzt, gepflegt und geerntet wird. Gärten, in denen unterschiedlichste Menschen sich treffen, gemeinsam arbeiten, sich austauschen, lernen und gemeinsam neue Wege in eine Zukunft der Stadt suchen. www.stadtgaertnern.de

[2009] Seit dem 12. September 2009 hängt auch am Haus Berliner Strasse 42 in der Görlitzer Innenstadt ein Wächterhausbanner. Zusammen mit dem Gebäude Postplatz 6 gibt es damit nun bereits zwei Häuser die einen Kooperationsvertrag mit dem Leipziger haushalten e.V. eingegangen sind um sich noch enger zu vernetzen und die Wächterhausidee in den Städten Leipzig, Halle, Dresden und Görlitz zu stärken. Bereits Ende September sind alle Vereine und Intiativen in Leipzig bei der ersten Wächterhauskonferenz in Leipzig vereint. Informationen dazu gibt es über die Seite von haushalten Leipzig www.haushalten.org
Mit dem Haus Postplatz 6 ist ein weiteres Wächterhaus in Görlitz eingeweiht worden. Nutzer des Gebäudes ist der Stille Post Klub, der Maler Torsten Bähler hat sein Atelier hier, der studentische KulTours-Verein will die Räume im zweiten Stock als Büro nutzbar machen. Der Postplatz 6 ist das Elternhaus des heute 74-Jährigen Ansgar Hillach. Nach dem 2. Weltkrieg hat es seine Familie in den Westen verschlagen. Seit 1996 gehört ihm das Haus wieder. Ansgar Hillach lebt heute in Staufenberg bei Frankfurt/Main und kommt nur noch zweimal im Jahr nach Görlitz. Zur Wächterhauseröffnung vorgestern war er da und ist begeistert von der Nutzung des Elternhauses: „Ein neuer Ort für junge Leute ist ein Gewinn für Görlitz.“